Raus aus der Schublade – rein ins Gefühl: Warum Hundeerziehung mehr als Methode ist

In der Welt der Hundeerziehung scheint es mittlerweile nur noch zwei Lager zu geben: Auf der einen Seite der klassische Stil à la Schäferhundeverein, auf der anderen Seite die sogenannten „Positiv-Petras“, wie sie liebevoll (oder manchmal auch weniger liebevoll) genannt werden. Und irgendwo dazwischen? Da geht es oft verloren – das eigene Bauchgefühl.

Ich werde immer wieder gefragt: „Kirsten, welchen Weg bietest du an?“ Und meine Antwort darauf ist: den, der für dich passt. Den, der sich für dich richtig anfühlt. Und auch das darf mal bedeuten Mensch und Hund an andere tolle Trainer weiterzugeben. Denn was bringt dir die „perfekte“ Methode, wenn du sie im Alltag nicht leben kannst – oder sie sich für dich einfach falsch anfühlt?

Ich habe selbst lange im sehr positiv orientierten Hundetraining gearbeitet, habe viel mit Markerwort, Belohnung und Struktur gearbeitet – und stand irgendwann vor einem Hund, der ohne Anleitung völlig verloren war. Mein Versuch, das eine Problem zu lösen, hat ein neues erschaffen. Heute weiß ich: Training ist Training, Management ist Management – und Erziehung ist nochmal etwas anderes. Es braucht einen differenzierten Blick, nicht nur auf den Hund, sondern auch auf uns selbst.

Denn oft sind es gar nicht die „Erziehungsmethoden“, die uns blockieren. Es sind innere Themen: alte Glaubenssätze, eigene Trigger, der Druck, von außen nicht bewertet zu werden. Wir versuchen, etwas „richtig“ zu machen – und verlieren dabei das Wesentliche: die Verbindung zu unserem Hund und zu uns selbst.

Und dann ist da noch ein Punkt, der für mich immer wieder in den Fokus rückt – und zwar die Beziehung. Denn das ist nicht der erste, sondern der solide Grundbaustein, auf dem alles andere aufbaut. In welcher Beziehung stehe ich zu meinem Hund, meinem Partner in Crime? Ist sie lebendig, offen, klar? Oder vielleicht schon eingefahren? Vielleicht ist genau jetzt der Moment, mal neue Stimmung reinzubringen. Etwas zu verändern. Aber aus Leichtigkeit heraus – nicht, weil man glaubt, man müsste.

Wenn ich den Schwenk in unseren menschlichen Alltag mache, sehe ich Parallelen. Routinen sind hilfreich, sie geben Sicherheit. Aber nach einer Weile fehlt oft dieser kleine frische Kick. Diese Herausforderung, die einen wieder wachrüttelt, die neue Energie bringt. Und genauso ist es mit unseren Hunden. Auch im Miteinander darf es mal ruckeln. Konflikte sind nicht negativ – sie sind Chancen. Chancen, zu wachsen. Gemeinsam.

Darum wünsche ich mir mehr Mut zur Mitte. Mehr Ehrlichkeit im Umgang mit sich selbst. Weniger Schubladendenken und mehr Fragen wie: Was passt zu mir? Was kann ich in meinem Alltag umsetzen? Was fühlt sich stimmig an – für mich, für meinen Hund, für unsere Familie?

Es ist Zeit, dass wir aufhören, in Methoden zu denken – und anfangen, in Beziehungen zu fühlen.